3. April 2024

Online mit dem lieben Gott?

Er wollte eigentlich Priester werden, heute ist Mag. Anton Boschitz Marathonläufer, Musiker, Religionspädagoge und seit kurzem einer der Fachinspektoren für den katholischen Religionsunterricht in Kärnten. Ein vorweihnachtliches Gespräch über Glaube, Kirche, Gott, Musik und Sport. Von Gerhard Klinger
3. April 2024

Online mit dem lieben Gott?

Er wollte eigentlich Priester werden, heute ist Mag. Anton Boschitz Marathonläufer, Musiker, Religionspädagoge und seit kurzem einer der Fachinspektoren für den katholischen Religionsunterricht in Kärnten. Ein vorweihnachtliches Gespräch über Glaube, Kirche, Gott, Musik und Sport. Von Gerhard Klinger

Du unterrichtest seit 21 Jahren an der HTL in der Las­tenstraße Religion, wirst du jetzt deinen Lehrberuf an den Nagel hängen?
Mag. Boschitz: Nein, ich bleibe weiterhin an der HTL als Religionspädagoge, damit ich mich nicht von der Schulrealität entferne, außerdem arbeite ich sehr gerne mit Jugendlichen.

Sind Gott, Kirche, Glaube und Religionsunterricht heute überhaupt noch zeitgemäß?
Mag. Boschitz: Die Gottesfrage ist immer relevant, egal in welcher Zeit man lebt. Heute ist allerdings mehr denn je die Vermittlung eines humanitären, freien Gottesbildes – im Sinn von Erich Fromm – gefragt und nicht mehr das konservative, autoritäre Gottesbild. Seit über zwei Jahrzehnten versuche ich dieses humanitäre, freie Gottesbild zu vermitteln mit dem Ergebnis, dass ich in meiner religionspädagogischen Tätigkeit an der HTL noch keine Abmeldung vom Religionsunterricht zu verzeichnen hatte. Religionsunterricht ist eine Serviceleistung, eine Orientierungshilfe für die Persönlichkeitsentwicklung, der Identitätsfindung, der Wertevermittlung in Bezug auf soziale Einstellungen für Jugendliche…

…und wie erfolgt die Vermittlung dieser Inhalte?
Mag. Boschitz: …Natürlich mit den neuen Technologien. E-mail und Internet sind ideale Medien, um die ganzheitliche Sicht des Lebens und der Probleme zu ermöglichen. Die Kirche, viele Diözesen, Klöster, Pfarren, Bischöfe, auch der Vatikan haben bereits ihre eigene Homepage und geben teilweise online Hilfestellung in Glaubensfragen. Jeden ersten Donnerstag im Monat gibt es zum Beispiel unter der Adresse www.internetgottesdienst.at einen Internet Gottesdienst. Am Allerseelentag lautete das Thema „Leben und Tod“.

Die neuen Medien, benutzt du sie auch in deiner neuen Tätigkeit als Fach­inspektor für Religion?
Mag. Boschitz: An den neuen elektronischen Medien führt kein Weg vorbei, daher habe ich die ersten Wochen meiner neuen Tätigkeit vor allem am Computer verbracht, eine Bestandsaufnahme gemacht und war von der Präsenz überrascht, wie viele kirchliche Institutionen bereits online erreichbar sind.

Wie siehst du deine Rolle im Beziehungsfeld Kirche und Mensch?
Mag. Boschitz: Meine Aufgabe als Religionspädagoge ist die Vermittlerrolle. Ich bin nicht der Verteidiger der Kirche, sondern zeige Wege und Möglichkeiten auf, wie den Menschen mit dem Potential und der Erfahrung der Kirche in vielen Lebensfragen geholfen werden kann.

Eigentlich wolltest du ja Priester werden…
Mag. Boschitz: …ja, ich habe in Tanzenberg maturiert, doch schon bald habe ich erkannt, dass ich die Bedingungen des Pflichtzölibats nicht erfüllen will und habe die Konsequenzen gezogen. Ich bin allerdings meiner Berufung treu geblieben und habe es nie bereut Religionspädagogik und Fachtheologie studiert zu haben um als Religionslehrer zu unterrichten. Nicht nur als Priester, auch als Religionslehrer kann man jungen Menschen religiöse Perspektiven vermitteln.

Aber Religion ist nicht alles in deinem Leben?
Mag. Boschitz: Religion ist ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Aber es gibt noch genügend andere, zusätzliche Quellen der Kraft. Bei mir sind es die Familie, die Musik und das Laufen. Als fünffacher Familienvater weiß ich die familiäre Wärme und Geborgenheit sehr zu schätzen. Das partnerschaftliche, gemeinsame Großziehen von Kindern gehört mit zu den schönsten Aufgaben eines Menschen.

Und die Musik?
Mag. Boschitz: Musik ist für mich ein weiteres Lebenselixier. Ich hatte das Glück, in Tanzenberg eine umfangreiche Ausbildung zu erhalten und spiele heute noch begeis­tert zusammen mit dem Flötis­ten und Keyboarder Roman Verdel bei Tanzveranstaltungen und Hochzeiten. Durch die Musik habe ich eine andere Welt, viele interessante Künstler wie Jan Gabarrek kennengelernt und Zugang zu sehr vielen Menschen gefunden, vor allem bei unseren Konzerten im legendären Kamot.

Wenn du nicht musizierst oder unterrichtest, dann…
Mag. Boschitz: …dann laufe ich. Nach dem Studium standen Beruf und Familie im Vordergrund. Ich habe mich gehen lassen, als ich vor elf Jahren dann der 100kg Gewichtsmarke gefährlich nahe gekommen bin habe ich das Laufen wiederentdeckt. Heute laufe ich die Marathondis­tanz unter drei Stunden und bin wieder bei meinem jugendlichen Kampfgewicht unter 65 kg angelangt. Derzeit laufe ich täglich 12 bis 15 km zur Regeneration, zur Entspannung, aus Spaß am Laufen im Pulsbereich von ca. 120 Herzschlägen pro Minute. Steht ein Marathon ins Haus, dann muss natürlich das Trainingspensum und auch die Belastung intensiviert werden. Vor allem die Regenerationsläufe sind mir sehr wichtig. Es eröffnen sich für mich neue Dimensionen, vermeintliche Probleme lösen sich – laufend – in Luft auf.

Abschließend die Frage, die in der Vorweihnachtszeit kommen muss. Boschitz kommt vom slowenischen Wort für „Weihnachten“. Was bedeutet für dich Weihnachten?
Mag. Boschitz: Mein Weihnachtsverständnis ist sicherlich vom christlichen Glauben geprägt. Im Mittelpunkt steht die Menschwerdung Gottes und es darf kein Mensch mit Füßen getreten werden. Für mich geht es darum allen jenen zu helfen, die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind. Dort wo Licht ist fühlt man sich wohl, empfindet Wärme, die Dunkelheit soll aufgebrochen werden. Licht ist für mich aber auch Kommunikation, Kommunikation betreiben, Kommunikation ermöglichen, damit die Dunkelheit dem Licht weichen kann.

Musik ist neben der Familie, der Religion und dem Laufen eines der Lebenselixiere von Mag Boschitz.

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